Das Heidentheater ist jetzt wieder viel unterwegs. Auf dem Wikingermarkt in Jork gab es viel zu sehen, und während Ask sich nach einer guten Axt umschaute, schlenderte Embla zum Hafen.
Am Anleger lag ein Schiff, und die neugierige Embla bekam die Erlaubnis, an Bord gehen zu dürfen. Gaaanz wichtig: immer gut festhalten!
Das Heidentheater kennt sich gut aus mit Geschichten von den alten Göttern, und auch von Schiffen ist dort manchmal die Rede. Da gibt es beispielsweise das Schiff von Freyr, das als das schönste Schiff gilt, “Skidbladnir” genannt wird und immer den günstigsten Wind in den Segeln hat. Ein sehr merkwürdiges Schiff, denn es hat Platz genug für alle Götter zusammen und passt dennoch in eine Tasche! In einer Geschichte, die das Heidentheater gerade beim Wikingerlager an der Turmhügelburg zu Besten gegeben hat, ist Thor mit dem Riesen Hymir zum Angeln in einem Boot unterwegs. Das Boot aus der Geschichte scheint allerdings nicht Thors gewaltigen Kräften gewachsen gewesen zu sein… Gruselig kommt einem das Schiff Naglfar vor, dass aus den Finger- und Fußnägeln der Toten gezimmert ist und sich zu Ragnarök in Bewegung setzt. Da es ein Riesenschiff sein soll, wird es bis Ragnarök noch laaaange dauern, wenn weiterhin nach altem Brauch den Toten beim Zurechtmachen für die Bestattung die Nägel geschnitten werden. Das Schiff begleitet die Wikinger eben auf ihrem gesamten Lebensweg, als Transportmittel zu Lebzeiten und auch als letzte Ruhestätte für den Körper, wie die vielen schiffsförmigen Wikingergrabstätten zeigen.
Doch jetzt will sich Embla dieses Schiff einmal genauer ansehen.
Ihr fällt das Steuerruders am Heck auf: Die “Röde Isvind” scheint von einer anderen Bauart zu sein als die Schiffe, die Embla bisher kennengelernt hat. Erstaunlich, aber kein Wunder, denn Embla ist zu Ohren gekommen, dass der Erbauer zu noch ganz anderen Spezialbauten fähig ist…
Jetzt wird Emblas Aufmerksamkeit wieder auf das Wasser gelenkt, denn es nähert sich ein weiteres Schiff dem Anleger.
Das zweite Wikingerboot legt an. Die Mannschaft, eine interessante Mischung aus Wikingern und Kindern der modernen Zeit, kommt von einer kurzen Fahrt mit der “Ria” zurück.
Nachdem Embla mit Bodo und seiner Mannschaft kurz geplaudert hat, sieht sie sich das Heck der “Ria” an: Hier ist das Steuerruder an der rechten Seite, der Steuerbordseite.
Das Wikingerschiff mit dem seitlichen Steuerruder, wie es bei diesem Bronzeanhänger nach einer wikingerzeitlichen Abbildung von der Insel Gotland zu sehen ist, war ein Erfolgmodell für den Fernhandel, entwickelte sich immer weiter und hatte daher auch Einfluss auf den Schiffbau der Hanse. So zeigen die Stadtsiegel von Lübeck der Jahre 1226 und 1280 noch Schiffe mit Seitenruder und Drachenköpfen an Bug und Heck, doch schon 1242 weist das erste Stadtsiegel der Stadt Elbing / Elblag eine neue Erfindung auf: Das Heckruder.
An zeitreisenden Grübeleien ist das Heidentheater ja immer interessiert! Vor einer Weile hatte Ask ja so seltsame Ideen gehabt und etwas von Handel mit Salz und Heringen und Kanalbau gefaselt – Embla hatte befürchtet, dass er mal wieder ein bisschen spökenkiekerig drauf wäre oder durch die Zeitreisen durcheinandergekommen sei!
Wo ist Ask denn überhaupt? Embla will ihm von der Sache mit den Ruderblättern berichten und hat noch so einige Fragen, was die Geschichte und den Bau von Schiffen betrifft. Als sie ihn – natürlich beim Axthändler – wiederfindet, steckt sie ihn mit ihrer Neugier an, und die beiden beschließen, die geschichtliche Spur des Wikingerschiffes weiter zu verfolgen: Sie werden die Ausstellung “Unsinkbar. Das Wikingerschiff in Werbung, Kunst und Alltag” besuchen, die sich vom 29. Mai bis 30. Oktober 2011 im Schiffbau- und Schifffahrtsmuseum in Rostock befindet. Dort ist am 19. Juni auch Familientag!
Alle Mann an Bord!